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Die Geschichte

der Arbeitstelle Medien für Blinde und Sehbehinderte und des Hörmagazins „Trierische Tonpost“ im Bistum Trier

Rückblick

Lassen sie uns einen Zeitsprung in das Jahr 1969 machen- mit den damaligen Möglichkeiten der Kommunikation. Radio gab´s, klar, das Fernsehen war gerade ein paar Jahre alt und in den privaten Haushalten stand, wenn vorhanden, ein Tonbandgerät. Betrachten wir nun parallel die Situation behinderter Menschen jener Zeit, so muss festgestellt werden, dass diese meist in speziellen Einrichtungen oder in der Großfamilie gesellschaftlich unauffällig mitlebten. Dies galt ebenso für blinde und sehbehinderte Menschen, die Ende der 60er und Anfang der  70er Jahre von Orientierungs- und Mobilitätstraining (O&M) nur träumen konnten. Diese Barriere der Fortbewegung erkannte der Telefonist Richard Meyer schon  damals und begeisterte den Blinden- und Gehörlosenseelsorger, Pfarrer Heinz Schmitt, für seine Idee.

„Wenn der blinde und sehbehinderte Mensch nicht zu uns kommen kann, um seine Informationen zu erhalten, dann müssen wir ihm die Informationen eben ins Haus liefern!“

Dies sollte von Trier aus auf Tonband geschehen und so war die Blindenzeitung „Trierische Tonpost“ geboren. Im Dezember 1969 ging die erste Weihnachtsausgabe auf einer kleinen Tonbandspule von 30 Minuten Dauer an 50 Menschen im Trierer Raum - und alle Spulen wurden einzeln überspielt. Für die Tonbandaufnahmen hatte man in der alten Katholischen Akademie Trier unter einer Treppe notdürftig eine kleine Kabine geschreinert. Beide Gründer ahnten nicht, welchen Stein sie da ins Rollen gebracht hatten, denn im Bereich der Kommunikationstechnik eroberte die Kassette Mitte der 70er Jahre den Markt, aus den damaligen Kriegsblindenverbänden wurden Zivilblindenvereine und die Pädagogen der 68er Bewegung rüttelten die Gesellschaft mächtig auf. So fand unter Bischof Bernhard Stein die „Trierische Tonpost“ ihren Platz in der Abteilung Behindertenpastoral des Bischöflichen Generalvikariates Trier. Pfarrer Heinz Schmitt wurde zum Leiter und Richard Meyer zum Referent des Blindendienstes, ernannt.

Die Anfänge

Die Entwicklung der Kassettengroßkopieranlage, die langsame Öffnung der Gesellschaft für die Belange von blinden und sehbehinderten Menschen, die bessere Organisation der Blindenvereine und nicht zuletzt das unermüdliche Streben von Richard Meyer nach einem größeren Hörerkreis, ließen die Hörerzahlen stetig ansteigen. Ende der 70er Jahre war die Bistumsgrenze längst überschritten und die Abonnenten verstreut in ganz Deutschland. Seit Januar 1975 erscheint  monatlich eine Tonpostausgabe auf vier Kassetten; im Dezember folgte eine Weihnachtsausgabe, die später zum „Klingenden Adventskalender“ wurde. Meyer sorgte dafür, dass im Referat Zivildienstplätze und FSJ-Plätze eingerichtet wurden, er warb um ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für unterschiedliche Aufgaben.

Ob seine eigene Sehbehinderung, die mit den Jahren immer stärker wurde, ihn immer wieder antrieb? Bis Ende der 80er Jahre wurden die Angebote im Publizistischen und im Veranstaltungsbereich für die Zielgruppe ständig erweitert.

  • es wurden die Wochenzeitung des Bistums „Paulinus“,
  • die Zeitschrift Behinderte im Beruf, damals noch „Guter Wille“ vertont,
  • das Lektionar zum Stundenbuch eingelesen,
  • über Jahre das Gesangbuch „Gotteslob“ produziert,
  • ein Theologisches Magazin aus der Taufe gehoben,
  • sowie unzählige Bücher und Dokumentationen aufgelesen.

Doch nicht genug, parallel entwickelte Richard Meyer noch Veranstaltungen religiöser und freizeittechnischer Art.

  • da waren die Kar- und Ostertage
  • die Einkehrwochen und Bibelwochenenden,
  • die Raphaelstage in den unterschiedlichen Bistumsregionen
  • die Jugendwochenenden sowie Sommer- und Winterfreizeiten für Jugendliche und junge Erwachsene im In- und Ausland
  • das Referat wurde Anlaufstelle für späterblindete Menschen, solche die von Blindheit bedroht waren und deren Angehörige
  • sie konnten im Referat auch unterschiedlichste Hilfsmittel beziehen.

All diese Dienstleistungen, Veranstaltungen und Audioproduktionen wurden bis 1986 im Gewölbekeller in der Sichelstraße organisiert/produziert. Mit hohem finanziellem und personellem Aufwand wurde dann ein Teil des alten Konviktgebäudes im Jahre 1986 umgebaut; das neue Domizil des Referats Blindenseelsorge und Trierische Tonpost mit neuen Studios und Arbeitsräumen entstand.

Die damalige Personalsituation

Inzwischen gab es eine Sekretärin, einen Studiotechniker, drei Zivildienstleistende und zwei Helferinnen im Freiwilligen Sozialen Jahr für  Studio-, Redaktions-, Versand- und Archivarbeiten. Zu diesem Stamm hauptamtlicher Mitarbeiter gesellten sich rund 100 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als Leserinnen und Leser fungierten und als Betreuer und Begleiter bei den Veranstaltungen ihren unentgeltlichen Dienst versahen. Allen voran Richard Meyer als Referatsleiter unterstützt von seinem Abteilungsleiter Pfarrer Heinz Schmitt.

Trotz oder gerade wegen seiner stärker werdenden Sehbehinderung war Richard Meyer unermüdlich in seinem Tun, bis er im Herbst 1994 im Alter von 56 Jahren für alle unerwartet an Lungenkrebs erkrankte, sich nicht mehr erholte und an Silvester 1994 nach kurzer schwerer Krankheit verstarb.

Über 1.500 Hörerinnen und Hörer, über 100 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Gönner, Freunde und Familie trauerten um den Mann, der sich seinesgleichen angenommen und damit entscheidend an der Weiterentwicklung des Blindenwesens in der Region und weit darüber hinaus beitgetragen hat. Unvergessen hat er sich mit den vielen Hörspielproduktionen gemacht, als Mitspieler, Texter oder als Regisseur. Seine Werke, seine Stimme - eben „Richard“ - so wird er in den Herzen der Menschen weiterleben!

Richard: „Lach doch, Gott liebt dich!“

Als Abteilungsleiter der Behindertenseelsorge stand nun Pfarrer Heinz Schmitt vor der schweren Aufgabe, den Fortbestand des Referats Blindenseelsorge zu sichern und die Herausgabe der Trierischen Tonpost zu gewährleisten.

Im gleichen Jahr, im Herbst 1994 schloss der nun 29-jährige Martin Ludwig sein Studium an der Katholischen Fachhochschule für Soziale Arbeit mit dem Diplom Sozialarbeit/Sozialpädagogik ab. Er war für Pfarrer Heinz Schmitt kein unbekannter, denn schon 1985 saß Martin Ludwig bei den beiden Männern Richard Meyer und Heinz Schmitt in einem Beratungsgespräch gegenüber. Im März 1985 wurden durch einen Autounfall die Augen von Martin Ludwig so schwer verletzt, dass er erblindete. Seinen ersten Beruf als KFZ- Elektriker und den zweiten als Straßenwärter konnte er nicht mehr ausüben und so suchte er Rat bei der damaligen Blindenseelsorge im Gewölbekeller in der Sichelstraße des Bistums Trier.

Meyer und Schmitt informierten Ihn umfangreich über das Blindenwesen in der Region und darüber hinaus, vermittelten ein erstes Orientierungs- und Mobilitätstraining, erzählten was von Lebenspraktischen Fertigkeiten und unterstützten Ihn bei einer beruflichen Neuorientierung. So ging Martin Ludwig 1986 zur Blindentechnischen Grundausbildung an die Deutsche Blindenstudienanstalt nach Marburg an der Lahn, stieg als Quereinstieger wieder in die Schule ein und machte dort 1990 sein Fachabitur im Sozialwesen; danach folgten vier Jahre Studium in Saarbrücken. So hatte Martin Ludwig nur hin und wieder durch die Kassetten der "Tonpost" Kontakt nach Trier und erfuhr dadurch vom Tod Richard Meyers.

Beim ersten Sterbeamt kam Pfarrer Schmitt auf Martin Ludwig zu und erzählte von seinen Schwierigkeiten das Referat alleine zu führen. So bot Martin Ludwig seine ehrenamtliche Mitarbeit an, die Pfarrer Schmitt danken annahm und dabei sichtlich erleichtert schien. Zehn Monate arbeitete Martin Ludwig ehrenamtlich in der Blindenseelsorge mit, bis er dann offiziell am 01. Januar 1996 die Stelle der Referatsleitung übernommen hat.